Ya Gulyayo

Zusätzlicher Projekttext

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In Zusammenarbeit mit Joshua Martin.

Ya gulyayo

„Ich gehe spazieren“,

rufen die Menschen in Belarus und stehen mit erhobenen Peace Fingern und weißrotweißen Fahnen zu hunderttausenden in den Straßen. 

Diese Gesten sind bezeichnend für die friedlichen Massenproteste, die nach der Präsidentschaftswahl am 9.August 2020 begannen und bis heute andauern. 

Für den Großteil der Bevölkerung war schon vor der Wahl klar - sollte sie zugunsten Aleksandr Lukaschenkas ausgehen - wird sie gefälscht sein, sowie jede Wahl seit 1998.

Nun fordern die Menschen Lukaschenka erneut auf abzutreten, doch er reagiert darauf nur mit noch mehr Gewalt, Repressionen und Zensur. 

Menschen werden bis zum Tod verprügelt. Lehrer, Ärzte und andere Beamte, die sich gegen das Regime stellen, verlieren ihre Jobs. Studenten werden exmatrikuliert und unzählige werden inhaftiert.

Wer seine Meinung äußert wird bestraft, weshalb die belarussische Bevölkerung gezwungen ist auf neuen Wegen zu demonstrieren.

Heutzutage ist es möglich jede Person zu inhaftieren, egal ob sie schuldig oder unschuldig ist, da es in Belarus keinen Schutz vor willkürlichen Ermittlungen und Prozessen gibt. Diesen Schutz hat der Präsident Lukaschenka schon vor Jahren abgeschafft.

Über 30.000 Menschen wurden in den ersten drei Monaten nach der Wahl 2020 aus politischen Gründen inhaftiert, weil sie in diesem oder jenem Maße gegen die Staatspolitik verstoßen haben. Ob es dabei um friedliches Demonstrieren geht, um weiß-rot geringelte Socken, die als „Streikposten in Bombenschuhen“ deklariert werden, um weiß-rot-weiße Wäsche auf dem Balkon, oder doch nur ein paar Pappherzen im Fenster, ist dem Staatsapparat einerlei. Tausende wurden/werden verhaftet, zu Geldstrafen verurteilt, verloren/verlieren ihre Arbeit oder ihren Führerschein oder mussten/müssen ihre Heimat aus politischen Gründen verlassen. 

Die Menschen in Belarus haben Angst. Sie haben Angst, wenn sie sich draußen auf der Straße bewegen, Angst, in ihren eigenen vier Wänden von der Omon (vom Staatsapparat kontrollierte Militärpolizei) verhaftet zu werden. Es ist nirgendwo mehr sicher. Selbst das Tragen von bestimmter Kleidung oder Accessoires, wie rote Ohrringe zu einem weißen Shirt, wäre ein Grund für 15 Tage Gefängnis und eine hohe Geldstrafe.

Diese Angst durchdringt alle Schichten der Gesellschaft in Belarus, die Menschen haben Angst um ihre Zukunft, die ihrer Kinder und ihres Landes. 

 

 

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60 (575 e) Bußgeldgrundeinheiten wurden dem Kurier des Lebensmittel-Lieferdienstes menu.by zuerkannt. Nach Angaben des Gerichts hat der Mann an einer Kundgebung teilgenommen. Der Kurier sagt, er habe einen Lieferauftrag ausgeführt, aber die Bereitschaftspolizei habe ihn an der Bushaltestelle aufgegriffen. Der Kurier trug am Tag der Festnahme eine rote Jacke und hatte einen großen roten Rucksack dabei, um die Lebensmittel zu transportieren. „Ich nahm die Bestellung auf, ging dann in Richtung McDonald‘s, um sie abzuholen, ging hinunter zur U-Bahn, um die Bestellung abzuliefern, ging in Richtung Bushaltestelle. Ich habe einen Fahrzeugkonvoi gesehen, ich habe ein Foto gemacht. Dann kam die Polizei oder Bereitschaftspolizei, wollte das Telefon sehen, ich zeigte es ihnen und wurde festgenommen. Ich hatte die Produkte während der Festnahme bei mir“, sagte der Kurier dem Gericht.

 

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Viele erhielten Geldstrafen und bis zu 15 Tage Gefängnis für Bilder an den Fenstern. Einige Bewohner von Nowaja Borowa wurden durchsucht und festgenommen. Acht Fälle wurden im Minsker Bezirksgericht behandelt. So heißt es in der Anzeige des 32-jährigen Programmierers Semion Korabow, dass er „eine Mahnwache mit dem Ziel der öffentlichen Äußerung sozialer und politischer Interessen abhielt, indem er zehn rote Herzen an den Fenstern anbrachte, womit er bewusst gegen das Gesetz über Massenveranstaltungen verstieß.“ Hierfür erhielt er 10 Tage Gefängnis. Aliaksandr Heranski, 39, wurde das Gleiche vorgeworfen, in seinem Fall waren es drei, nicht zehn Herzen. Er erhielt eine Geldstrafe von 100 Basis Einheiten - 2.900 (960 e) Rubel.

 

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In der Silvesternacht beschlossen einige Belarusen, zweifarbige Girlanden/Lichterketten an die Fenster zu hängen und hofften, dass eine solche Entscheidung keine Fragen an die Polizei aufwerfen würde. 

Allerdings begannen die Ordnungshüter auf solche Dekorationen zu achten und verlangten regelmäßig von den Besitzern der dekorierten Wohnungen, die Lichter 
 auszuschalten oder gingen sogar in die Wohungen, um die Girlanden/Lichterketten gewaltsam vom Fenster zu reißen.Im Dezember 2020 kamen Uniformierte aus Minsk zu einer Frau namens Natalia. Die Frau wurde gebeten, die Girlande zu entfernen. Nach einiger Zeit kamen sie zurück, um zu kontrollieren, ob dies der Fall sei und gingen erst, nachdem sie sich vergewissert hatten, dass sich nichts mehr am Fenster befand. Für Dzmitry Goncharau, einen Bewohner von  Borowlyany, endete dies mit 15 Tagen Gefängnis. Die Polizei notierte: „Streikposten“. Er plädierte auf nicht schuldig und erklärte, dass die Girlande seit Neujahr „nur für die Stimmung“ da gewesen sei. Er blieb die 15 Tage im Gefängnis und bekam eine Geldstrafe.

 

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Am 12. November 2020 starb Raman Bondarenka aufgrund von Polizeigewalt. Der Vorfall, der zum Tod von Raman Bandarenka führte, ereignete sich am Abend des 11. November im Hof in der Cherviakova-Straße in Minsk. Eine Gruppe unbekannter Personen in Zivil kam dorthin um die weiß-rot-weißen Bänder, die auf dem Platz hingen, zu zerschneiden. Die Anwohner, darunter auch Raman Bandarenka, waren empört. Laut Augenzeugen sprach einer der Männer Bondarenko während der verbalen Auseinandersetzung an: „Warum sind Sie so unverschämt?“ Die Polizei stieß Bondarenko weg, nicht identifizierte Männer in Zivilkleidung rannten auf ihn zu, packten ihn und zerrten ihn in einen Kleinbus.Er wurde in das Bezirksamt für Innere Angelegenheiten in Zentralny gebracht, wo er nachts mit dem Krankenwagen abtransportiert wurde. Die Ärzte diagnostizierten ein schweres Schädel-Hirn-Trauma und ein Hirnödem. Ohne das Bewusstsein wiederzuerlangen, starb Bondarenko am Abend des 12. November. Für die Täter gibt es bisher keine Konsequenzen.

 

Quelle: https://belmarket.by/news/2021/04/21/news-45342.html

 

 

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Eine Frau fuhr im Herbst 2020 mit ihrem roten Auto an einem Rentner Marsch vorbei, der bis vor kurzem immer montags stattgefunden hat.Sie hat nur einmal kurz gehupt. Dies wurde von einem Straßenpolizisten gesehen, der auch als Zeuge im Gericht agiert hat. Sie verlor für ein Jahr ihren Führerschein.

 

Bild 08

Eine Frau aus Minsk wurde wegen weiß-rot-weißer Socken zu 15 Tagen Gefängnis verurteilt. „Streikposten in Bombenschuhen“ - das gaben die Polizisten der Bezirkspolizeibehörde Sawetski in ihrem Bericht an.

Quelle: https://belmarket.by/news/2021/04/21/news-45342.html

 

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