Solidarische Nachbarn
Ein Gespräch mit Mary
Fotos und Text: Leopold Achilles
Mary ist Studentin, Künstlerin, Mitte-Zwanzig und in Russland geboren. In Ihrer Arbeit als Kommunikationsdesignerin hat sie die Ereignisse in Belarus und besonders den dortigen Machthaber Alexander Lukaschenko zu einem Plakatdesign verarbeitet. Sie hat mit Leopold Achilles über ihre persönliche Verbindung zu Belarus und ihre Einschätzung
der Situation gesprochen. Sie selbst kommt ursprünglich aus Moskau und lebt seit mehreren Jahren im Ruhrgebiet. Mary heißt eigentlich anders und will aber aufgrund möglicher Repression für die getroffenen Aussagen und das besagte Plakatdesign nicht genannt werden. Wie sie im Interview verrät, gibt es schon einen Teil in ihr, der Paranoid ist, der Angst hat, dass sie nicht über das Thema Belarus frei reden und dazu arbeiten kann. „Mal angenommen, ich hätte mehr Follower und ein bisschen mehr Macht auf Social Media, dann glaube ich, dass die das alles recherchieren. Wenn ich dann versuchen würde nach Russland zu kommen und ich wieder zurück nach Deutschland will, dass dann an der Grenze gesagt wird, “Nein, du hast das oder das gemacht” ... die können mich auch festnehmen, ab
in den Knast.” „Ich habe die ganze Sache in Belarus über Twitter verfolgt. Ich folge vielen Menschen auf Twitter, die sich wohl in der Opposition verorten würden aber einfach normale Menschen sind. Das war sehr anstrengend das alles zu verfolgen, weil es so traurig ist.!
Ich sehe halt keinen Unterschied zwischen uns und Belarus und deswegen fühle ich mich so solidarisch.”
Warum hast du das Plakatdesign mit Lukaschenko gemacht, was soll das heißen?
Weil ich das nicht mehr aushalten konnte! Ich glaub ich habe dieses Plakat irgendwann im November oder Oktober 2020 gemacht. Ich glaube an diesem Tag hatte ich schon wieder eine Nachricht gelesen, dass er schon wieder irgendeinen Bull**** gesagt hat. Ich war einfach so überfordert, denn er redet die ganze Zeit irgendwelche ausgedachten Sachen und ich habe einfach gedacht: Ich mach jetzt dieses Plakat, wo ich ihn auf leise, lautlos mache!
Was wäre dein Wunsch für die Zukunft?
„Es gibt ja glaube ich aktuell schon sowas wie einen kalten Krieg zwischen Russland, Europa und Amerika. Ich würde gerne nicht weiterhin in so einer Angst leben, nicht nur für mich persönlich. Ich weiß gar nicht mehr, wann ich das letzte Mal eine gute Neuigkeit aus Russland oder Belarus gehört habe. Es ist anstrengend. Sehr viele die in Russland wohnen, auch meine Freunde, haben Angst. Ich meine: Russland ist schon toll und ich will nicht, dass alle das Land verlassen. Ich will, dass es dort gut ist, für meine Freunde und meine Familie. Dass sie dort ein gutes Leben führen.”